Sanfte Bucht des Mythos  

  

 

 

 

Sanfte Bucht des Mythos

Felsklippen und Buchten mit feinstem Sand säumen ein Meer von kristallener Schönheit. Hier erlitt der Sage nach Odysseus Schiffbruch.

Ein Sprung ins tiefblaue Wasser, um wundersame Unterwasserwelten zu erkunden

Das Grün der mediterranen Macchia, die blauen Wellen, die weißen Felsen und Strände: diese Küste ist eine einzige Farbpalette

Die in den Fels geritzten Fischschwärme erinnern an Cassiodoro

Zwischen dem Salzgeruch des Meeres und dem Duft nach wilden Wiesenblumen

 

Vom Meer ins Landesinnere zwischen mittelalterlichen Dörfern und den bewundernswerten Überresten Scolaciums

 

Das Geräusch der Wellen, die sich an den Felsen brechen, evoziert Bilder und Vorstellungen aus der Welt Virgils. Zerklüftete Felsen, kleine Buchten und ein sandiger Küstenstreifen tragen bis heute Namen, die an die Wurzeln der mythologischen Vergangenheit führen. Oleander, wilde Pinien, die sich tapfer ans Gestein klammern, riesige Tamerisken und herrlich duftende Zitrusbäume geben zu verstehen, dass das Mittelmeer an dieser Stelle in allen seinen Ausprägungen großzügig gegenwärtig ist. Der Golf von Squillace ist eine sanfte Einbuchtung, an der das Ionische Meer sich in allen seinen Facetten zeigt und in einer eigentümlichen geografischen Linie seinem Rivalen und Komplizen zuzuwenden scheint: dem tyrrhenischen Meer. Denn an diesem Einschnitt nähern sich die beiden wie an keiner anderen Stelle, so dass gerade noch dreißig Kilometer dazwischen liegen. Küstenlandschaften, Hügel und Berge verdichten und strecken sich entlang dieser Landzunge in einem spektakulären Schauspiel des Lichts und der Farben. Die Sonne schenkt dem Golf mit ihren reichen Strahlen das ganze Jahr hindurch ein mildes Klima. Manche wollen hier die Heimat der Fäaker wiederfinden, Söhne eines von der Sonne geküssten Landes: Kalabrien. Die Winde, die die Wellen an die Küste schlagen lassen, versetzen ins homerische navifragum Scylaceum. Aber heutzutage ist das „Versinken“ in diesen Gewässern ein großartiges Abenteuer, und besonders ungewöhnliche Überraschungen behalten sich die Monate September und Oktober vor. Die Statale Ionica 106 entlang der Küste ist die Lehrmeisterin zu den Ecken Kalabriens, an denen die Natur ihre Größe beweist. Das erste Wunder vollbringt sie bereits in den kristallklaren Wassern vor Squillace, die auf magische Weise die Boote schaukeln, wo man mit bloßem Auge bis auf den Meeresgrund blickt. Zur Landseite hingegen die ruhmreiche Stadt, „die wie eine Traube auf dem Hügel herunterhängt“, wie es 540 v. Chr. Flavio Magno Aurelio Cassiodoro ausdrückte. Der berühmteste seiner Söhne gründete hier das Vivarium, eine Art “urbs religiosa” in der die perfekte Synthese aus Religiösem und Profanem angestrebt wurde. Ganz in der Nähe in der Bucht von Copanello soll eine in den Fels gemeißelte Kirche die sterbliche Hülle des großen Humanisten beherbergen. Neuerdings sind dies die Paradiese für Erholungssuchende, beginnend mit dem Ort Torrazzo, der durch die extrem zerklüfteten Felsen ein herrlicher Rückzugsort ist, an dem der Wasserspiegel in smaragdfarbenen Tönen schillert. Vorbei an der Kreuzung nach Stalettì erreicht man Punta di Torre del Palombaro, wo Erinnerungen an sarazenische Feldzüge lebendig werden. Etwas weiter unterhalb öffnet sich die Grotte di San Gregorio, seltsame Felsfurchen, die von Booten aus erforscht werden können. Entlang der Statale Ionica findet man wenige Meter weiter zur Rechten eine Straße, die der Felsformation angeschmiegt hinunterführt und in einem gigantischen Viadukt endet. Hier befinden wir uns in Lamia, am Strand von Copanello mit leicht tropischem „Geschmack“. Die mediterrane Macchia rundum ist hier besonders üppig und scheint sich geradezu ins Meer strecken zu wollen. Die frevelhafte Menschenhand hat die Schönheit dieser Orte gebrochen, seit in den letzten Jahrzehnten Dutzende illegale Neubauten entstanden sind. Die Rückbesinnung zu Gesetzmäßigkeiten hat nun eingesetzt, und in Lamia ist ein hässlicher Zementklotz der Abrissbirne erlegen, der vorher die idyllische Landschaft erdrückte. Eine symbolische Geste, die zeigt, dass auch in Kalabrien eine neue Zeit begonnen hat. Eingeschlossen in die Hügel wie ein wertvoller Stein schenkt Caminia den Liebhabern des Meeres und der Natur unvergleichliche Eindrücke, wobei der Wechsel von feinstem Sand und Felsenklippen außergewöhnliche Farbeffekte zaubert. Häufig schafft eine leichte Brise einen angenehmen Cocktail aus dem Salz des Meeres und den intensiven Düften der sich an die Felsen klammernden blühenden Pflanzen. Eine gedämpfte, aber an Wundersamem nicht weniger reiche Welt eröffnet sich auf dem Meeresboden, der von teils seltenen Arten von Mollusken, Schalentieren und den verschiedensten Algen bewohnt wird. Erneut verändert sich die Landschaft, sobald der große Fels von Pietragrande erreicht ist, der mit seiner Höhe von 12 Metern Profis und Wagemutige einlädt, sich von den Klippen direkt ins Meer zu stürzen. Der Lido, einer der beliebtesten dieser Gegend, umgürtet ein türkisblaues Meer. Doch die wahre Überraschung kommt mit dem Herabsinken der Schatten, wenn die Diskothek zwischen Strand und Felsen erwacht. Bereits seit den 60er Jahren waren hier Stars wie Patty Pravo und Ornella Vanoni zu Gast. Mit dem Spiegel des Meeres unterhalb der Tanzfläche vergnügt man sich hier vor einem der schönsten Naturspektakel Italiens. Folgt man der Straße, die direkt oberhalb des Lido entlang führt, bis man an einem Haus vorbeikommt, das auf die Ruine eines alten Leuchtturms gebaut ist, so gibt es zur Rechten einen kleinen Weg. Eine Treppe, an manchen Stellen schon etwas kaputt, führt hinunter zu dem kleinen Strand, den die Felsen wie einen Schrein hüten und der besonders gegen Ende der Saison vollkommene Abgeschiedenheit bietet. Wenige Kilometer weiter erreicht man Montauro und Montepaone. An dieser Stelle machen die Felsen einem breiten Sandstrand Platz, der zum tiefen Blau des Meeres einen herrlichen Kontrast bildet. Soverato, welches natürlich Ziel dieser Tour ist, bietet mit seinen gut ausgestatteten Badestränden und Strandlokalen entlang des riesigen Küstenbereichs vielfältige Möglichkeiten, die Entspannung mit Wassersport zu kombinieren. Doch selbst dort, wo der Trubel am intensivsten ist, genügt es, die Augen zu schließen und die Ohren auf das gleichmäßige Rauschen des Meeres zu richten, um die Erinnerung an eine große Vergangenheit erwachen zu lassen.

  Barbara Talarico

deutsch: J. Jäger

 

 


                                                                 
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